Teledermatologie vor dem Durchbruch?

In Baden-Württemberg dürfen Hautärzte nun auch digital – also telemedizinisch – Diagnosen bei verdächtigen Hautflecken stellen. Auch andere Bundesländer dürften bald nachziehen.

Mit der Hautkrebsvorsorge ist es so eine Sache – jeder weiß im Prinzip, dass sie wichtig ist. Dass die gesetzlichen Krankenkassen Vorsorgeuntersuchungen erstatten, ist ebenfalls allgemein bekannt. Doch im stressigen Alltag kommt doch immer einiges dazwischen. Und so schiebt man den nächsten Vorsorge-Check wieder und wieder auf.

„Bei der Hautkrebsvorsorge gibt es noch viel Luft nach oben. Nur ein Bruchteil der Versicherten macht von ihrem Recht Gebrauch, kostenlose Vorsorge-Screenings in Anspruch zu nehmen. Das ist insofern sehr gefährlich, als Hautkrebs lange Zeit keinerlei Beschwerden mit sich bringt“, warnt die in Berlin-Mitte praktizierende Hautärztin Dr. Sybille Thoma-Uszynski. Die AOK Westfalen-Lippe berichtete kürzlich, dass die Quote der Patienten, die zur Früherkennung gehen, sogar von 18,5 (2014) auf 16,9 Prozent (2017) gefallen ist.

Einen Schub für die Hautkrebsvorsorge könnte die Telemedizin bringen. Der digitale Austausch von Bildern, Videos und Textinformationen senkt die Hürden für die Patienten deutlich – sie müssen keinen Termin vereinbaren, keine Wege zur Praxis zurücklegen, kaum Zeit aufwenden. Problematisch dabei ist allerdings, dass bei Weitem keine so genaue Diagnose möglich ist wie bei einem persönlichen Arztbesuch, lediglich eine erste Einschätzung. Damit die nicht zu einem falschen Sicherheitsgefühl und ausbleibenden Behandlungen führt, hat der Gesetzgeber die Telemedizin eng begrenzt. Dermatologische Diagnosen waren damit bisher nicht möglich.

Kein Smartphone erforderlich
Als erstes Bundesland hat Baden-Württemberg nun den Weg freigemacht. Die dortige Landesärztekammer gab grünes Licht für eine teledermatologische App und Website namens „AppDoc“. Die Patienten senden dabei drei Fotos einer verdächtigen Hautstelle und beantworten einige Fragen zu eventuellen Begleitsymptomen. Wer kein Smartphone besitzt, kann die Bilder mit einer Digitalkamera aufnehmen und auf die Website hochladen. Entwickelt wurde der Dienst von renommierten Kliniken und Institutionen wie dem Deutschen Krebsforschungszentrum.

Die Patienten können bei der Nutzung anonym bleiben. Ein baden-württembergischer Hautarzt sieht sich die Bilder und die flankierenden Informationen an und gibt innerhalb von 48 Stunden eine Ersteinschätzung ab. Wenn nicht klar Entwarnung gegeben werden kann, kommen die Patienten um einen Praxisbesuch selbstverständlich nicht herum. Der Dienst soll die Lücke zwischen Eigenrecherche im Internet und ärztlichem Vorsorge-Check schließen.

Nachdem der Südwesten vorgeprescht ist, dürften auch andere Bundesländer in absehbarer Zeit nachziehen. Alexander Eng, Direktor der Hautklinik an der beteiligten Uni-Klinik Heidelberg, sieht großes Potenzial: „Die Teledermatologie eröffnet große Chancen für eine effizientere Patientenversorgung und bietet auch aufgrund des hohen Innovationsgrades eine Vorreiter- und Vorbildfunktion für weitere telemedizinische Anwendungen in anderen Bereichen.“