Warum an den „tollen Tagen“ Vorsicht geboten ist

In der Karnevalszeit werden sonst übliche Vorsichtsmaßregeln gern mal suspendiert. Das begünstigt die Ausbreitung von Geschlechtskrankheiten wie Syphilis.

Syphilis? Bei dieser Erkrankung denken die meisten Menschen an vergangene Jahrhunderte und an große Künstlernamen. Beethoven, Baudelaire, Nietzsche und Chopin, sie alle fielen der Geschlechtskrankheit zum Opfer. Im Verlaufe des 20. Jahrhunderts konnte sie jedoch dank Antibiotika zurückgedrängt werden und geriet aus dem öffentlichen Bewusstsein. Offenbar zu sehr, wie sich seit den 1990er-Jahren und insbesondere seit 2010 zeigt. Die Erkrankungszahlen in Deutschland nehmen nämlich wieder zu, in den Jahren 2010 bis 2015 um jeweils zwischen 11 und 22 Prozent. 6.834 Neuerkrankungen vermeldet das Robert-Koch-Institut für 2015, das sind rund 19 Prozent mehr als im Vorjahr.  

Die Ansteckungszahlen steigen traditionell in der Karnevalszeit, wenn die Ausschweifung, auch auf sexueller Ebene, für viele Menschen zum Programm gehört. Sich beim Geschlechtsverkehr mit Kondomen zu schützen hat dabei nicht für alle Priorität. So hält sich auch die Zahl der HIV-Neuerkrankungen konstant bei jährlich über 3.000. Weniger bedrohliche, aber ebenfalls nicht zu unterschätzende Leiden wie Genitalherpes oder Chlamydiose haben ebenfalls in der „fünften Jahreszeit“ Hochkonjunktur.

Bei Verdacht schnellstmöglich zum Arzt

„Die Therapiechancen sind in frühen Erkrankungsstadien deutlich besser, da dann in vielen Fällen eine Behandlung mit Antibiotika ausreicht“, erläutert die Berliner Dermatologin und Venerologin Dr. Sybille Thoma-Uszynski. Die Expertin rät, bei ersten Anzeichen wie Genital-Ausfluss, Juckreiz oder Schmerzen beim Wasserlassen unverzüglich eine geeignete Arztpraxis aufzusuchen. „In dem Fall sollte sich auch der Partner oder die Partnerin untersuchen lassen, damit es nicht zum leidigen Ping-Pong-Effekt kommt.“ 

Bleibt eine sexuell übertragbare Krankheit unbehandelt, drohen gravierende Langzeitfolgen. Chlamydien etwa können Entzündungen hervorrufen und am Ende eine Unfruchtbarkeit bewirken. HIV und Syphilis können trotz ihrer heutzutage guten Behandelbarkeit zum vorzeitigen Tod führen. Wird die Syphilis erst spät erkannt, kann sie bereits auf das Gehirn übergegriffen und dort bleibende Schäden verursacht haben – die sogenannte „geistige Umnachtung“, von der beispielsweise auch Nietzsche betroffen war. Die Erkrankten sind dann oft bis ans Lebensende pflegebedürftig.

Diese Risiken gilt es auch im Karnevalstrubel nicht aus dem Blick zu verlieren. Kondome sind daher gute Begleiter.