Pollen verbreiten sich weiter als angenommen

Bisher ging man davon aus, dass Luftallergene praktisch nur in der Nähe ihrer Quellen zu finden seien. Eine neue Studie weist nun nach: Pollen und Sporen verteilen sich weit in die Atmosphäre hinein.

Rund ein Drittel der Deutschen sind von Allergien betroffen, Tendenz steigend. Vor allem unter Pollenallergie – im Volksmund Heuschnupfen genannt – leiden zunehmend mehr Menschen, in Deutschland geschätzt jeder sechste. Manche Prognosen gehen von einer Verdopplung der Erkrankungszahlen bis 2060 aus. Die Ursachen für diese unheilvolle Entwicklung stehen noch nicht zweifelsfrei fest. Im Verdacht stehen immer schärfere Hygienestandards, die unser Immunsystem durch mangelndes Training „erschlaffen“ lassen, ebenso wie Umweltgifte.

Zudem ist mit hoher Wahrscheinlichkeit der Klimawandel beteiligt, denn er kurbelt die Blütenstaubproduktion an. „In Europa konnte bereits eine deutliche Zunahme der Blütenstaubmenge nachgewiesen werden. Auch der pollenfreie Zeitkorridor hat sich immer weiter verengt, so dass die Luft mittlerweile nur noch im November und Dezember weitgehend allergenfrei ist“, erklärt die Allergologin Dr. Sybille Thoma-Uszynski, die in Berlin-Mitte eine hautärztliche Praxis betreibt.

Zudem trägt auch die Globalisierung ihren Teil bei, indem sie die Ausbreitung allergener Pflanzen von anderen Kontinenten hierzulande fördert; prominentes Beispiel ist das Beifußblättrige Traubenkraut (Ambrosia), das seinen Weg aus Nordamerika nach Europa gefunden hat und Allergikern besonders arg zu schaffen macht.

Luftallergene noch in 2.000 Metern Höhe        

Umso wichtiger ist es für die Betroffenen, Informationen über die jeweilige Belastung der Luft mit Allergenen zu erhalten. Bisher gingen derartige Prognosen davon aus, dass sich Blütenpollen und Pilzsporen lediglich in der Nähe ihrer Quellen verteilen und dann dort absetzen.

Eine aktuelle Studie des Helmholtz Zentrums München, der Technischen Universität München und der Aristoteles-Universität Thessaloniki kommt jedoch zu einem anderen Ergebnis. Wie die Forscher herausfanden, verteilen sich die Luftallergene weitflächig in der Atmosphäre, wo sie sogar in 2.000 Metern Höhe noch nachweisbar sind. Vor allem Pollen von Eichen- und Kieferngewächsen steigen so hoch.

Für die Heuschnupfen-Geplagten ist das zwar zunächst keine gute Nachricht, denn es bedeutet, dass Luftallergene quasi überall vorkommen. Einen Hoffnungsschimmer bietet die Studie jedoch auch: Die Wissenschaftler vermuten, dass sich in großer Höhe Luftallergen-Wolken bilden; wenn es gelingt, diesen Prozess und die nachfolgenden Bewegungen dieser Wolken zu verstehen, könnte die Prävention am Ende davon profitieren.